Schaum in den Kaffeetassen, bunte Kreide an den Wänden und restlos ausgebuchte Bib-Plätze: Auf den ersten Blick war die Rückeroberung des Campus in diesem langersehnten Präsenzsemester erfolgreich. Wer in den vergangenen Monaten einmal zur Mittagszeit an den voll besetzten Holztischen der Mensa gegessen hat, wird um das altbekannte Uni-Feeling kaum herumgekommen sein. Und tatsächlich, vieles hat erinnert an eine ZU, wie man sie noch verschwommen aus Prä-Coronazeiten in Erinnerung hatte. Initiativen, die an ihren Ständen in der Mensa Veranstaltungen bewarben, gesellige Kaffeepausen mit Kommiliton:Innen und natürlich Seminare, in denen die Frage „Könnt ihr mich hören?“ endlich wieder überflüssig war, vermittelten das Gefühl wieder angekommen zu sein an der Uni und auch im echten Leben. Aber drei Semester Corona sind selbstverständlich auch an der ZU nicht spurenlos vorbeigegangen. Masken und die Luca-App sind auf dem Campus zu unseren treusten Begleitern geworden, ebenso wie der engagierte Security-Mann, dessen scharfem Blick kein Laptop in der Mittagspause und kein überbesetzter Mensa-Tisch entgehen konnte. Events fielen den steilen Inzidenzen zum Opfer und in den letzten Wochen weckten erneute online Seminare und Klausuren nicht unbedingt Hoffnung für Präsenzlehre im Frühjahr. Was also bleibt von diesem vergangenen Semester, das sich nicht so ganz entscheiden konnte, ob es ein Wiederaufbau oder ein Neuanfang sein wollte?
Angefangen hat wie immer alles mit der Ersti-Woche, bei der die neuste ZU-Kohorte wieder in Präsenz an der Uni begrüßt werden konnte. Mit einem Schlag war der Campus wieder belebt, die Partys wieder legendär, und wer Glück hatte, konnte unter den zahlreichen Dritt-, Viert- und Fünft-Semestler:Innen auf den Ersti-Veranstaltungen tatsächlich auch den einen oder die andere Erst-Semestler:In sichten. Der Nachholbedarf für gemeinsames Feiern, Tanzen und einfach für das Jung-Sein war deutlich zu spüren und von der Gerrix-Eröffnung über das Sommerfest, bis hin zur Spirit-Renaissance und Seekult bot sich immer wieder eine Möglichkeit dazu.
Viele Veranstaltungen waren mit organisiert von der Student Lounge, für deren Arbeit im vergangenen Präsenzsemester Vorstandsvorsitz Sarah Reuchlen ein überwiegend positives Resümee zieht: „Nach dem Sommer musste sich die Student Lounge erst einmal wiederfinden und mit der Ersti-Woche haben wir einen neuen Start in das Präsenzsemester hingelegt.“, erzählt sie. „Alle waren wieder super motiviert und wir haben über das Semester die unterschiedlichsten Events organisiert und unterstützt. Mit dem Winter mussten auch wir Rückschläge in Kauf nehmen, wie die Absage der Weihnachtsfeier, die uns in der SL natürlich auch getroffen hat. Mit dem weihnachtlichen Get-Together in der Blauen Blume haben wir dann aber doch noch einen schönen Semesterabschluss organisiert.“ Eine ähnliche Entwicklung haben wohl auch viele der studentischen Initiativen in diesem Präsenzsemester durchlaufen. Nach so vielen Monaten online Veranstaltungen war die Motivation umso höher, das Initiativenleben an der ZU wieder anzukurbeln. Kaum ein ZUler war auffindbar ohne Initiative, für die er brannte und nicht selten traf man auch spät am Abend noch kleine Gruppen in Initiativen-Meetings am Fab an. Karten für Workshops, Tagungen und Events wurden verkauft, Trainings für verschiedenste Sportarten konnten wieder stattfinden und viele der jüngeren Semester bekamen zum ersten Mal ein Gefühl dafür, wie zahllos die Möglichkeiten sind, die sich den Studierenden in diesem Normalzustand an der Universität bieten. Absurd in die Höhen schießende Inzidenzen haben dann im Winter des Jahres allen Initiativen mehr oder minder stark zugesetzt. Einige Events mussten noch am Veranstaltungsdatum abgesagt werden und die zahllosen Möglichkeiten wurden durch die Umstände zum Teil sehr schnell wieder sehr überschaubar. Frust und Enttäuschung sind selbstverständlich, wenn lange Planung umsonst war. Und dennoch blieb bis zum letzten Tag der letzten Semesterwoche erkennbar, dass keine Initiative gegenüber der Pandemie das Feld einfach geräumt hat. Es wurde ihr höchstens auf eine kreativere Weise der Kampf angesagt.
Bei dem Wechsel vom ruhigen Zimmer der online Lehre zurück in den regen Unialltag voller Veranstaltungen, Feiern und Freunden, durfte natürlich auch das Studium selbst nicht zu kurz kommen. Selten waren Studierende so begeistert, einen Seminarraum zu betreten wie in den ersten Wochen des vergangenen Semesters. Keine Sorge mehr darum, ob man auch wirklich stumm geschaltet ist, keine schlechte Verbindung mehr und endlich wieder Diskussionen im Kurs, die von mehr als einer Person geführt wurden. Ein absolutes Highlight, das die Präsenzlehre zurückbringen konnte, waren auch die schmerzhaft vermissten Kaffeepausen an der Uni, bei denen es egal ist, wie schlecht der Automaten-Kaffee schmeckt, da schlichtweg die Gesellschaft stimmt. Schnell hat sich gezeigt, dass auch viele der Dozierenden Nachholbedarf zu haben schienen – insbesondere was Gruppenarbeiten angeht, mit denen viele Kurse über das Semester hinweg geradezu überhäuft wurden. Natürlich war nicht alles so wie vor der Pandemie, aber immer wieder für kurze Momente in den ersten Semesterwochen hätte man das naive Gefühl haben können, dass es bald wieder so sein könnte.
Zum Semesterschluss waren dann doch die allermeisten Kurse wieder online. Ebenso wie sämtliche Klausuren, deren Format zum Teil sehr spontan angepasst werden musste. Der Zugang zum Fab-Campus wurde eingeschränkt, was die Klausurenphase nicht unbedingt einfacher gestaltete und die Unsicherheit über das kommende Semester wuchs wieder.
Was ist es also, das bleibt vom vergangenen Semester? Hinter uns liegen in vielerlei Hinsicht besondere Monate, die für Lehre, Initiativen und Freizeit einer Achterbahnfahrt voller Hochs und Tiefs glichen und an deren Ende wir für das kommende universitäre Jahr immer noch nicht mehr Sicherheit haben als zuvor. „Eine verlässliche Auskunft ist im Moment angesichts der dynamischen Lage der Pandemie schwierig. Ich gehe Stand heute weiterhin davon aus, dass wir das Spring-Semester in Präsenz durchführen – unter der Maßgabe, dass die dann gültige Verordnung zum Studienbetrieb das auch zulässt.“, so Präsident Klaus Mühlhahn zum kommenden Semester. Gewissheit kann auch er nicht bringen. Blicken wir nun aber zurück auf das Semester, das hinter uns liegt, dann ist eines trotz allem nicht abzustreiten: Egal welche Umstände, egal wie positiv oder negativ die pandemische Lage, egal wie hoch die Inzidenzen – wir als ZU haben das Beste daraus gemacht. Die eine oder der andere wird sich nun denken, dass uns gar nichts anderes übriggeblieben wäre, dass wir keine andere Wahl hatten. Aber dieses Semester war für die Universität und für uns als Studierende eine Möglichkeit und Prüfung zugleich – die Möglichkeit, etwas Normalität im Alltag der Pandemie zurückzugewinnen und dabei eine Prüfung, die neuen Regeln der Pandemie einzuhalten, um diesen Alltag langfristig zu ermöglichen. Zum Abschluss dieses Semesters können wir als Studierenden, wir als Universität selbstbewusst von uns sagen, dass wir diese Möglichkeit ergriffen, diese Prüfung bestanden haben. Wir haben als eine Universität voller engagierter und motivierter junger Persönlichkeiten, voller beeindruckender Initiativen und kreativer Ideen die Wahl getroffen das Beste aus dieser Situation zu machen. Daher können wir für uns in einer so unsicheren Zeit die zentrale Sicherheit beziehen, dass wir das im nächsten Jahr ebenso schaffen können, egal ob im Online- oder Präsenzformat. Und wenn wir zurückblicken auf dieses Jahr und an alle Feiern, Get-Togetherts, Initiativen-Meetings oder Kurse denken, dann ist zu erkennen, dass das vergangene Semester trotz eines holprigen Endes und trotz einiger Rückschläge, überwiegend Positives gebracht hat – selbst wenn es nur wieder eine gemeinsame Kaffeepause war.