Sisi, Mozartkugeln und Kongresse – Ein klassischer Besuch in Wien

„Das gibt’s nur einmal, das kommt nicht wieder“, trällert Lilian Harveys Stimme in drei verschiedenen Sprachen aus einem Seiteneingang der Wiener Hofburg. Der Operettenfilm „Der Kongreß tanzt“, der 1931 eine romantisch verklärte Darstellung des Wiener Kongresses zeigt, wird im Rahmen einer Ausstellung zum zweihundertjährigen Jubiläum desselben präsentiert. Ein wenig unsicher bin ich etwa eine Stunde eher durch die verlassene Passage gegangen, die direkt zum Bundeskanzleramt führt, um mir die kostenlose Ausstellung unter dem Motto „Idee Europa – 200 Jahre Wiener Kongress” am Ballhausplatz anzuschauen. Da sie leider nur bis zum 31. Oktober geöffnet hat, wird das hier wohl nicht weiter interessieren, ist aber ein schönes Beispiel dafür, was man mit ein wenig Ausdauer und Aufmerksamkeit in fremden Städten entdecken kann, auch wenn man, wie ich, zu wenig Geld und Zeit hat, um sich viele der so gelobten Attraktionen anzuschauen.

Einmal in dieser Woche wurde mir gesagt, dass eine der schönsten Dinge, die man in der Wiener Innenstadt machen kann, ein Spaziergang sei. Das stimmt vollkommen, denn Wien ist selbst in einem kalten und grauen Herbst (im Ernst, es war sehr kalt, packt Schal und Handschuhe ein) zu jeder Tageszeit eine wunderschöne Stadt.

Ein wunderbarer Ausgangspunkt dafür, diese zu entdecken, bietet eine Unterkunft in der Nähe des Westbahnhofs, zu dem über die U-Bahn übrigens auch eine direkte Anbindung zum Fernbusbahnhof besteht. Wenn man, am Sonntagabend panisch nach der richtigen Straße der gebuchten Unterkunft suchend, endlich verstanden hat, was der nette Mann in der Lobby des Mercure-Hotels mit dem Satz „Da müssen Sie auf die andere Seite”, meint, hat man in den nächsten Tagen eine wunderbaren Anschluss in Richtung Altstadt, bei dem man kaum einmal umsteigen muss. Zu empfehlen ist, sofern man innerhalb einer Woche und länger als drei Tage reist, eine Wochenkarte für die Linien innerhalb Wiens. Mit etwas mehr Zeit und sehr guten Schuhen kommt man aber auch zu Fuß fast überall hin. Ansonsten ist eine gute Methode etwas zu sehen, einfach mal eine Station eher auszusteigen. So lohnt sich ein Spaziergang vom Volkstheater (Linie U3), was im Prinzip das Museumsquartier ist, zum Stephansplatz (die gleiche Linie). Wer den Tag mit einem Imbiss auf der Hand in einer der zahllosen Bäckereien und Konditoreien beginnt, sei gewarnt. Ich war, in meinem unermüdlichen Bestreben grundsätzlich nie wie ein Tourist zuwirken, das sich spätestens beim Besuch des Sisi-Museums und der Entscheidung zu Ostern nach London zu fliegen verabschiedet, stets bemüht auf die Begrüßung „Grüß Gott“ mit den gleichen Worten zu antworten, was in der Regel zur Folge hatte, dass ich den nächsten Satz meines Gegenübers nicht verstand.

Zurück zum Museumsquartier. Das Gebäude mit dieser Aufschrift beherbergt vor allem moderne und junge Ausstellungen und der Innenhof ist an sich schon ein künstlerisches Erlebnis. Ganz in der Nähe ist auch der Naschmarkt, der täglich Spezialitäten und, nun ja, Naschereien vor allem aus der Türkei und Osteuropa anbietet. Geht man vom Museumsquartier in eine andere Richtung, erwarten einen imperiale Bauwerke, von denen die meisten laut Anschrift unter Kaiser Franz Joseph entstanden, die Denkmäler und kleine Parks umrahmen. Allein der Anblick ist ein Erlebnis und anscheinend ist dazwischen auch immer etwas los. Lässt man das Naturhistorische Museum links liegen und das Kunsthistorische Museum, das irgendwie auch im Gebäude der Nationalbibliothek und des Weltmuseums angesiedelt ist, rechts konnte man in dieser Woche auf dem Heldenplatz die Aufbauarbeiten des Bundesheeres für den österreichischen Nationalfeiertag am 26. September beobachten.

Auf einem Spaziergang zum Heldenplatz gibt es aber auch viele unauffälligere Highlights zu entdecken. So traf ich auf eine Sonnenuhr auf der man selbst zum Zeiger werden kann. Der einzige Problempunkt hier ist natürlich die Sonne. Ich kann aus eigener Erfahrung berichten, dass es ohne diese wirklich nicht funktioniert. Doch schon allein die vielen Parks und Gärten laden zum Verweilen ein. Da gibt es den Volksgarten, den Maria-Theresien-Platz und, auf der anderen Seite der Nationalbibliothek einen herrlichen Park gesäumt von einem wunderschönen gründerzeitlichem Gewächshaus mit Schmetterlings- und Palmenhaus, wobei es sich bei Letzterem heute eher um eine nicht gerade billige Brasserie handelt.

Wer auf günstigerem Wege an ein Mittagessen kommen will, gelangt über einen Weg durch die Hofburg (wenn man zu den Fenstern über dem Tor aufschaut, versteckt sich hier als kleines Extra die Kaiserin Elisabeth) in das Zentrum Wiens – geradeaus, einmal rechts, leicht links und man sieht den Stephansdom. Auf dem Weg dorthin kommt man an zahlreichen Verkäufern von Maroni und Bratkartoffeln sowie den überall in der Stadt verteilten öffentlichen Trinkwasserspendern vorbei. Der Dom selbst ist zur Besichtigung offen, ein kurzer Blick, der sich wirklich lohnt, denn die Architektur erinnert je nach Blickwinkel an eine Mischung aus der Markuskirche in Budapest und einer französischen Kathedrale. Mehrmals am Tag finden Gottesdienste und Andachten sowie am Wochenende Sonderveranstaltungen statt. Die Augustinerkirche in einem Seitenflügel der ehemaligen Kaiserresidenz ist hingegen deutlich unauffälliger.

Nachdem man sich tagsüber dazu durchgerungen hat, doch die Hofburg inklusive Sisi-Museum und die Spanische Hofreitschule direkt gegenüber zu besuchen, vor allem Ersteres lohnt sich für Museumsliebhaber wirklich, sorgt ein Abendspaziergang für neue Eindrücke. Einmal durch die Gassen und die vielen kleinen Passagen rund um den Stephansdom, die an sich schon sehenswert sind,– vielleicht zum Ronachertheater, eines von zweien in der Stadt, in dem täglich einige der besten Musicalsänger unserer Zeit mit etwas Glück für weniger als zwanzig Euro zu sehen und vor allem zu hören sind.

Oder man spaziert abends in Richtung des Naschmarktes. Von dort gelangt man über die U-Bahn-Station Karlsplatz wieder in die Nähe des eigenen Wohnortes. Doch der Weg zum Zug hält noch einige Überraschungen bereit. Anlässlich der nahen Oper wurden in bester Hollywood-Manier die großen Komponisten der vergangenen Jahrhunderte mit Sternen auf den Wegen verewigt. Folgt man diesen in den unterirdischen Bahnhof hinein, sollte man den Blick jedoch an die Wände wenden, denn dort findet man weitere architektonische Besonderheiten.

Wien ist eine wirklich wunderschöne Stadt, die man unbedingt einmal gesehen haben sollte. Ich habe sehr viel gesehen und erlebt und freue mich schon auf neue Eindrücke und weitere Reisen.