Nachtrag zum BBF – Maßlos unkoordiniert

Bodensee Business Forum: Karikatur von Karina Reisenegger

Auch eine Woche später sorgt das Bodensee Business Forum noch für Gesprächsstoff. Eher selten dreht es sich dabei um die staatstragende Präsenz von Christian Wulff in der Mensa, geschweige denn den Gehalt seiner Rede im Forum. Die Inhalte der Ansprachen und Podiumsdiskussionen scheinen ohnehin wenig Eindruck hinterlassen zu haben. Was hingegen bleibt, ist der fade Geschmack von chaotischer Organisation, mangelhafter Kommunikation und einer insgesamt sehr skurril anmutenden Veranstaltung. Die vorherrschende Frage: Was sollte das Ganze?

Zur Beantwortung dieser Frage lohnt sich ein Blick auf den Veranstalter des BBF, Sascha Hellen. Bewohnern des Ruhrgebiets ist Herr Hellen überwiegend ein Begriff: Dort hat er mit seiner Bochumer Firma Hellen Medien Projekte GmbH seit 2005 die Verleihung der Steiger Awards und diverse andere Veranstaltungsreihen auf die Beine gestellt, die bei näherer Betrachtung ein gewisses Muster durchscheinen lassen. So handelt es sich bei den Steiger Awards um eine jährlich stattfindende Preisverleihung, deren Rezipienten Herr Hellen persönlich bestimmt und deren Kategorien entsprechend der Verfügbarkeit ebenjener Rezipienten festgelegt, geändert und gestrichen werden. Das Spektrum der Kategorien reicht von Charity und Toleranz, über Umwelt und Sport bis hin zu Ruhrgebiet und Medien. Motto: Auf jeden Topf passt ein Deckel, zu jedem Promi ein Award. Die Gästeliste bestimmt die Vergabekategorien, nicht umgekehrt.

Ganz skandalfrei ist die Vergabe der Steiger Awards über die Jahre nicht geblieben. Waren die Ehrungen von Veronica Ferres (Film) und Dieter Hallervorden (Entertainment) lediglich künstlerisch fragwürdig, so trat Hellen mit der Vergabe in der Kategorie Europa im Jahr 2012 in ein größeres Fettnäpfchen. Niemand geringerem als Recep Tayyip Erdoğan, einem ausgewiesenen Verfechter Europäischer Werte und Überzeugungen, sollte die Ehre zuteilwerden. Diese Entscheidung rief im Vorfeld bereits weitreichende Beschwerden und am Veranstaltungstag schließlich 22.000 Demonstranten auf den Plan.

Die offensichtliche Parallele zum Bodensee Business Forum stellt jedoch das zugrundeliegende Geschäftsmodell dar: Sascha Hellen lädt prominente Gäste mit genug Strahlkraft ein, um teure Eintrittskarten zu verkaufen. Die Zusammenstellung der Gästeliste scheint dabei keinem weiteren inhaltlichen Konzept zu unterliegen. Dieses wird der Veranstaltung übergestülpt, sobald die Gästeliste steht. Im Fall der Steiger Awards lässt sich das an der Bandbreite der Vergabekategorien, im Fall des BBF am nichtssagenden Titel und den ebenfalls wenig aussagekräftigen Themen der Diskussionsrunden (Europa, Start Ups, Digitalisierung und Was-ist-bloß-los-in-der-Welt?) feststellen. Irgendwo wird schon jeder Gast einen Platz finden.

Ein Blick auf die angekündigten Gäste ließ das unklare inhaltliche Konzept bereits im Vorfeld erahnen (Hamid Karzai, Gregor Gysi und Die Lochis). Zudem war die Website des BBF über weite Strecken offline und das Programm erst am Vortag bekannt. Die Vergabe von 120 Freikarten deutete außerdem darauf hin, dass das Geschäftsmodell am Bodensee wenig Anklang gefunden hatte. Nichtsdestotrotz gab es gute Gründe, sich auf die Veranstaltung zu freuen. Schwammiges Konzept hin oder her, ehemalige Staatspräsidenten und andere Spitzenpolitiker auf dem Campus zu haben war für Universität und Studierende ein klarer Mehrwert. Als sich zudem herausstellte, dass Studierende in fünf Workshops die Gelegenheit zum direkten Austausch mit Hamid Karzai, Franz Müntefering, Christian Wulff, Aiman Mazyek und Dr. Nikodemus Schnabel erhalten würden, machte sich Vorfreude breit.

Auffällig sowohl im Vorfeld als auch am Veranstaltungstag selbst war die Kommunikation, welche von Seiten des Veranstalters praktisch nicht erfolgte. Die Studierenden wurden ausschließlich vom Club of International Politics auf dem Laufenden gehalten, der jedoch keinerlei inhaltlichen Einfluss auf das BBF hatte und an der Organisation scheinbar lediglich dahingehend beteiligt war, dass die Anmeldung zu den Workshops und die Vergabe der 120 Freikarten übernommen wurde. Bezeichnenderweise waren dies die einzigen organisatorischen Vorgänge, die reibungslos verliefen.

Am Veranstaltungstag selbst herrschte klar ersichtlich das Chaos am ZF Campus. Zahlreiche Gäste erschienen zu spät oder gar nicht (Karsai, Faymann, Rüttgers etc.), die Diskussionspanels mussten dementsprechend umgebaut werden und auf den Tagesplan konnte sich spätestens nach der Mittagspause niemand mehr verlassen. Von den fünf Workshops fanden schlussendlich nur zwei statt, deren Moderation und inhaltliche Gestaltung ohne jegliche vorherige Absprache und völlig spontan vom CIP übernommen werden mussten. In beiden Fällen gelang es der studentischen Initiative, trotz der totalen Vernachlässigung durch Event-Profi Sascha Hellen, zwei gelungene Workshops über die Bühne zu bringen. Überhaupt schienen die Vorstandsmitglieder des CIP an der Klärung der unübersichtlichen Zustände rund um die Workshops deutlich interessierter als Hellen. Scheinbar trank er lieber mit Gästen Kaffee als wenigstens klare Kommunikation über die Abläufe anzubieten.

Was mit etwas zeitlichem Abstand bleibt, ist die Frage, ob die Universität sich wirklich als Veranstaltungsort zur Verfügung hätte stellen sollen. Angesichts des Verlaufs des BBF ist es rückblickend ziemlich einfach, diese Entscheidung zu kritisieren. Kritik ist auch angebracht, denn die ZU hätte zweifellos Schaden nehmen können. Dass sie keinen genommen hat, haben wir vermutlich zu einem nicht unerheblichen Anteil der sehr wohlwollenden und unkritischen Berichterstattung der Schwäbischen Zeitung zu verdanken. Keine überraschende Tatsache, war Schwäbische.de doch exklusiver Partner des BBF. Dennoch lässt es sich der Universität nicht vorwerfen, angesichts der zwar bunt zusammengewürfelten aber dennoch über weite Strecken hochkarätigen Gäste, einen Nutzen für die Institution und ihre Studierenden gesehen zu haben. Und trotz der durchaus dubiosen Persönlichkeit des Veranstalters ließ sich ein solches organisatorisches Chaos im Vorfeld nicht erahnen. Man halte von seinen Veranstaltungen was man will, Hellen ist ein erfahrener Eventmanager. Ein gewisses Maß an Professionalität durfte man voraussetzen.

Statt Schaden bleibt der Universität hoffentlich eine Lehre, auf die man sich besinnen sollte: Inhalte müssen an erster Stelle stehen, nicht ihre Verpackung. Sich von großen Namen blenden zu lassen und über inhaltliche Schwächen hinwegzusehen, steht diametral entgegengesetzt zur Idee einer Universität, ganz besonders dieser.

 

1 Comment

  • Peter Doderer sagt:

    Ich habe Herrn Hellen aus eigener Erfahrung als einen Blender und Betrüger kennengelernt.
    Wer mit ihm Umgang pflegt sollte ufpassen das er sich nicht seinen Kittel beschmutzt.
    Da ich momentan ein Verfahren gegen ihn laufen habe nur soviel: Sobald der Namen Hellen auftaucht, Vorsicht,Vorsicht,Vorsicht…..

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