Die ZU und Deutschland haben gewählt. Deutschland den 19. Bundestag, die Zeppelin Universität ihre studentischen Vertreter. Wie es sich für eine Universität „zwischen Wirtschaft, Kultur und Politik“ gehört, wurde diesen Wahlen am vergangenen Sonntag einiges an Aufmerksamkeit zuteil; in Form der ersten ZU-Wahlsendung. Erdacht, organisiert und produziert von ZU’lern. Übertragen wurde das Produkt auf der Facebookseite der Universität, wo es über 2.500 Zuschauer hatte.
Vieles von dem, was sich am Sonntagnachmittag im Graf von Soden Forum abspielt, kennt man bereits von anderen Veranstaltungen wie Podiumsdiskussionen oder Student-Plenen. Und doch ist diese Veranstaltung etwas, das es an der Zeppelin Universität in dieser Form noch nicht gegeben hat. Denn das Forum hat sich in ein rudimentäres, aber erstaunlich professionell anmutendes, Fernsehstudio verwandelt. Drei Kameras werden von Studis bedient, über mehrere Bildschirme werden Liveschaltungen und Grafiken eingeblendet und in den Pausen dirigieren Studentinnen die Talk-Gäste auf markierte Punkte, damit sie von den Kameras gut eingefangen werden können.
Routiniert moderiert Katharina Koerth die anderthalbstündige Sendung, in der es zu gleichen Teilen um Politik auf der Bundes- und universitären Ebene geht. Unterstützt wird sie von Professor Markus Rhomberg und dem scheidenden Senator Lars Hagenlocher, der sich immer wieder mit Zahlen und Fakten in die Sendung einklinkt. Wie hat sich die Wahlbeteiligung für hochschulpolitische Ämter an der Zeppelin Universität in den vergangenen Jahren entwickelt? Lars hat die Zahlen parat – sie ist von 80 auf 60 Prozent gesunken – und Markus Rhomberg liefert die Einschätzung dazu: Im bundesweiten Uni-Vergleich ist das immer noch sehr gut, kann aber durchaus in den kommenden Jahren noch gesteigert werden.
Hinter den Kulissen, in der Regie im Alfred Colsman Forum, weht ein anderer Wind. Hier ist die Schaltzentrale der gesamten Sendung. Bild und Ton werden von hier gesteuert, ebenso wie die Übertragung auf Facebook. Regieassistent Lucas Schmid kümmert sich darum, dass der präzise aufgestellte Ablaufplan eingehalten wird. „Noch 15 Sekunden“, sagt er in sein Mikrofon. Im Saal hat Jannis Kappelmann, im Unialltag als Senator bekannt, die Rolle des Aufnahmeleiters übernommen. Er ist via Interkomm mit Lucas verbunden und gibt per Handzeichen die Information aus der Regie weiter. Seine erhobene Faust signalisiert den Moderatoren, dass sie noch 15 Sekunden haben, bevor das nächste Element der Sendung ansteht.
Manche Programmpunkte sind mehrere Minuten lang, einer dauert auch nur 24 Sekunden – zumindest auf dem Papier. „Keine Livesendung entwickelt sich so, wie man sie geplant hat“, erklärt Christian Wütschner. „Aber das macht auch den Reiz aus. Es macht mir einfach weniger Spaß, immer wieder neu anzusetzen, um dann das perfekte Produkt zu haben.“ Er muss es wissen. Denn Christian, Lehrbeauftragter an der ZU, überträgt seit sechs Jahren Live Events und produziert Werbefilme, unter anderem für die ZU. 2011 hat er dafür seine eigene Firma, die Bewegtbildwerft, gegründet, mit der er sich mittlerweile seinen Lebensunterhalt verdient. Er ist für die technische Expertise bei der Wahlnacht verantwortlich. Während der Sendung sitzt Christian in der Regie im Colsman Forum. An seinem Platz laufen alle Fäden zusammen. Er schneidet zwischen den drei Kameras hin und her und gibt dabei präzise Anweisungen an die Kameraleute: „Achtung, Kamera zwei! Kannst du deine Blende ein wenig öffnen? Kamera eins ist drauf.“
Neben ihm sitzt Frieder Kümmerer. Er hat an der ZU seinen Bachelor gemacht und war danach ein halbes Jahr bei der Bewegtbildwerft angestellt. Jetzt kontrolliert er über zwei Mischpulte den gesamten Ton der Sendung. Das Konzept dafür zu entwickeln hat ihn und Christian mehrere Stunden gekostet, aber die beiden sind ein eingespieltes Team. „Ich kann Kathi nicht hören“, ruft Christian. „Frieder, warum kann ich Kathi nicht hören?“ Der angesprochene hat gerade einen Doppelkeks im Mund. „Wie bitte?“, nuschelt er und dreht den Ton lauter. Das alles dauert keine zwei Sekunden, dann wenden sich beide wieder anderen Dingen zu.
Außerdem ist Christian Teil des Redaktionsteams, das bereits zweieinhalb Monate vor der Wahlnacht damit begonnen hat, die Sendung von der ersten Idee an bis ins kleinste Detail zu planen. Neben ihm und Moderatorin Katharina sind die Senatoren Jannis und Lars sowie die Sprecherin der PAIR-Programmschaft Antonia Sattlegger hauptverantwortlich für das Projekt. „Als wir angefangen haben, die Idee zu entwickeln, war uns schnell klar: “Das wird schon fett!“, sagt Jannis. „Damit hat die ZU die Chance, ein wenig aus ihrer Blase auszubrechen.“ Bis es aber soweit ist, haben die fünf viele Stunden ihrer Zeit investieren müssen, um Gäste zu akquirieren, den Sendeplan zu erstellen und das Event mit der Uni zu organisieren. Antonia muss nebenher noch ihre Bachelorarbeit schreiben, Kathi ist im Praxissemester und Jannis und Lars sind als Senatoren ausgelastet. Dennoch nimmt das Projekt immer größere Ausmaße an – ebenso wie das Team. Am Ende sind mehr als 20 Leute hinter den Kulissen tätig. Die Technik muss verkabelt werden. Die Gäste müssen betreut werden. Mehrere Einspieler werden vorab produziert.
Auch die Universität ist in die Produktion eingebunden. Präsidentin Insa Sjurts kommt in einem Einspieler zu Wort, ihre Hündin Leila sagt als Wurst-Orakel voraus, dass Angela Merkel Bundeskanzlerin bleibt. Vor allem ist aber Sebastian Paul hinter den Kulissen aktiv. Er ist eigentlich für den Social Media Auftritt der Uni verantwortlich. Für die Wahlnacht überwacht er den Livestream und baut während der Sendung noch die Grafiken, die in die Sendung eingefügt werden. „Zuschauer?“, ruft Christian immer wieder. „48“, kommt dann von Sebastian die Antwort, was Christian knapp mit einem „Geil!“ kommentiert. Die Sendung erreicht im Laufe des Abends 2.500 Klicks auf Facebook und es schauen konstant zwischen 40 und 50 Menschen zu.
Das ist eine Reichweite, die es auf der Uni-Seite selten gibt. Entsprechend zufrieden sind alle Beteiligten mit dem Ergebnis. Dabei hat es während der Sendung im Hintergrund ordentlich geknirscht im Getriebe. Etwa zehn Minuten nach Beginn ist der Livestream zusammengebrochen und das gesamte System musste hinter den Kulissen noch einmal neu hochgefahren werden. Darunter auch das Interkomm-System, das über ein extra für diesen Abend eingerichtetes Netzwerk läuft. Alle Beteiligten müssen ihre Handys neu verbinden – nur die Moderatoren haben dafür schlicht keine Zeit, weil ständig eine Kamera auf sie gerichtet ist. „Ich hatte während der Sendung irgendwann keine Verbindung mehr zu Christian“, sagt Katharina. Aufnahmeleiter Jannis muss einspringen und fungiert als Mittelsmann – die Regie kommuniziert mit ihm und er gibt die Anweisungen im Saal weiter.
Das Publikum kriegt davon freilich wenig mit. Pünktlich um 18:00 endet die ZU Wahlnacht ohne größere Zwischenfälle und im Forum werden die ersten Hochrechnungen übertragen. Vorherrschendes Thema: Die AfD zieht mit knapp 13% in den Bundestag ein. Vielen Zuschauern drückt das auf die Stimmung, während man aus der Regie im Colsman Forum Applaus hört. Der steht im Gegensatz zu den Zahlen, die ARD-Moderator Jörg Schönenborn präsentiert, aber geklatscht wird auch nicht für die Wahlergebnisse, sondern für das Team hinter der Wahlnacht. Sie haben sich den Applaus verdient. „Ohne das Engagement der Studis wäre die Produktion in dieser Form nicht möglich gewesen“, sagt Christian nach der Wahlnacht. „Wir hätten die Komplexität der Sendung reduziert, wenn es nötig gewesen wäre.“ Eine Möglichkeit, die im Raum stand, zumal viele Teammitglieder zum ersten Mal vor und hinter der Kamera tätig waren. Aber am Ende haben sie eine Sendung produziert, bei der es zwar ab und zu im Getriebe geknirscht hat, aber die dennoch auf dem Bildschirm überzeugt hat.
Die ZU Wahlnacht kann man auf der Facebook-Seite der Zeppelin Universität nachschauen:
16.30-Uhr-Hauptsendung:
https://www.facebook.com/ZeppelinUni/videos/1181908225275773/
21.15-Sendung:
https://www.facebook.com/ZeppelinUni/videos/1182046925261903/