Debatte ohne Lösung – Star Trek vs. Star Wars

Es waren einmal die beiden größten Science Fiction-Franchises der Welt. Sie eröffneten ihren Fans unendliche Weiten, aber auch unendliche Diskussionen. Diese werden nun (mehr oder weniger) abschließend geklärt.

Seit Jahrzehnten wird diese Diskussion geführt. Sie beherrscht Kinosäle, Fan-Conventions und weite Teile des Internets. Heute verlegen wir sie auf Futur drei. Dabei geht es nicht um die Diskussion Jedi vs. Kirk, Joda vs. Spock oder Stormtrooper vs. Redshirt. Stattdessen sollen die gesellschaftliche Relevanz und der kulturelle Impact des jeweiligen Science Fiction-Franchises im Fokus stehen.

Wir lassen ab jetzt Aspekte außen vor, sind blauäugig oder überkritisch und vertreten nicht unsere eigene Meinung, um uns der ideologischen Frage zu widmen: Was ist besser? Star Trek oder Star Wars?

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Science Fiction, die ihrer Zeit voraus ist

Der Weltraum, unendliche Weiten.

Dies sind die Abenteuer der komplexesten Science-Fiction Serie welche die Erde bisher gesehen hat. Seit das weltberühmte Anfangszitat 1966 zum ersten Mal über die Mattscheibe flimmerte, entführt Star Trek die Zuschauer*innen in 6 Serien und 13 Filmen in fremde Galaxien. Dabei bieten die Serien mehr als reine Unterhaltung. Star Trek ist Fortträumen und Vorausdenken, eine Ode an die menschliche Neugier und den Forschergeist.

Als ich mit acht Jahren zum ersten Mal mit meinem Vater Star Trek schaute, sah ich eine Realität vor mir, die damals noch im Entstehen war: die massenhafte Nutzung von handlichen Kommunikationsgeräten inklusive Touchscreen und Facetime. Ausgedacht von ein paar technikaffinen Drehbuchautoren der 80er Jahre, benutzt von einem Captain of colour und einem weiblichen Major.

Zwar förderte Paramount in der Originalserie aus den 60ern noch kurze Röcke und ein actionreiches Knall-Bumm-Peng-Format, doch auch dieses enthält bereits eine weiblichen Kommunikationsoffizierin of colour, Lieutenant Uhura, und – bemerkenswert in Zeiten des Kalten Krieges – den russischen Waffenoffizier Pavel Chekov. Die Folgeserie „The Next Generation“ aus den 80ern erweitert diese Utopie zu einer Sternenflotte, in der Wesen verschiedener Planeten, Geschlechter und Schichten friedlich kooperieren um neue Erkenntnisse über das All und seine Bewohner*innen zu erlangen. Dabei wird die Utopie immer auch als Instrument zur Gegenwartskritik verwendet, es wimmelt von Anspielungen auf den Kalten Krieg, Vietnam, Tschernobyl, Gorbatschow.

Die Adressierung von gesellschaftspolitischen Themen sowie Fragen der Moral und Ethik ist zentral für das Star Trek Universum. Umweltzerstörung, Gentechnik und Klonen, Sterbehilfe und Kontrollierbarkeit von Geheimdiensten – noch nie lenkte eine Serie den Blick so massentauglich, unterhaltsam und gleichsam geschickt auf derlei Probleme und Grundsatzfragen. Dabei kommt die Erde als Heimatplanet ganz gut weg: Dank des technischen Fortschritts konnten Hunger, Krankheit und Armut besiegt werden, es herrscht Frieden und sogar Geld wurde abgeschafft. Aber die neue Technik birgt auch neue Fragen. In der Folge „Wem gehört Data?“ soll das androide Crewmitglied zwecks Replikation auseinandergeschraubt werden. Die resultierende Frage, ob Data als künstliche Intelligenz menschliche Persönlichkeitsrechte besitzt und sich gegen seine Abschaltung wehren darf, ist mit der Weiterentwicklung der Technik auch nach der Erstausstrahlung der Folge vor 25 Jahren brandaktuell – und wird zeitlos bleiben.

Neben den großen Fragen von richtig und falsch geht es dabei mit Beginn der Serie „Deep Space Nine“ noch einmal mehr um Charaktere als komplexe Persönlichkeiten mit eigenen Motiven und Erfahrungswerten. Das Handeln der Hauptcharaktere wird also nicht mehr vorwiegend mit ihrer Sozialisation innerhalb einer Ethnie begründet. Anti-heroische Motive wie Egoismus spielen ebenso eine Rolle wie der Glaube an eine Religion, die Wissenschaft und hinterfragbare Werte. Im Unterschied zu früheren Serien ringt selbst Captain Sisko mit seinen Prinzipien – entgegen derer er schließlich das Volk der Romulaner zum Kriegseintritt auf seiner Seite bewegt.

Wir merken also: Je weiter die Crews der Raumschiffe reisen, desto näher führen sie uns an uns selbst heran. Mit der Erforschung fremder Galaxien gehen wir eigentlich dem menschlichen Wesenskern auf den Grund. Dieser Reichtum an Träumen und Technik, an Unterhaltung und Utopie ist etwas, mit dem kein Star Wars Film mithalten kann. Es macht das Star Trek Universum einzigartig. Um es mit Captain Picard zu sagen: “Mr. Data, setzen Sie Kurs auf das 24. Jahrhundert. Ich nehme an, dass dort unsere Zukunft auf uns wartet.”

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Von Katharina Koerth

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Es war einmal.

Es sind drei magische Worte, die einem Zugang zur fernen Galaxie gewähren. Drei magische Worte, die zur Hintertür aus der Realität heraus werden. Drei magische Worte, die wahre Epik erschaffen.

Ich möchte nicht über die Prequel-Trilogie oder Star Trek V schreiben und keine Charaktere analysieren (denn wir sind ja hier nicht im Kultur-Ressort). Ich möchte über die gesellschaftliche Bedeutung von Star Wars sprechen.

Star Wars ist zwar eine Marketing-Maschinerie (wie auch Star Trek), fast schon eine niemals enden wollende Leier (wie auch Star Trek), doch vor allem ist Star Wars das Destillat aus dem, was die Gesellschaft als Publikum in einem Film sucht: Es ist, banal gesagt, ein Weltraum-Märchen. Es behandelt einen Mythos mit all den Lücken und Fehlern, die ein Mythos braucht, und mit all den Botschaften, die ein Märchen mitbringt. Diese Botschaften werden nicht aus Philosophiekursen in eine Utopie verfrachtet, sie werden abstrahiert und simplifiziert. Mit mythischen Erzählweisen in der Handlungsstruktur und mit Märchen-Stil auf der Moralebene.

Will ich etwas vom philosophischen oder ökologischen Reichtum, den Star Trek-Bewunderer im Franchise preisen, kann ich einen beliebigen anderen Film mit philosophischer oder ökologischer Message anschauen. Der Mythos des Kriegs der Sterne ist einmalig, weil er gerade nicht spezifiziert und dadurch so austauschbar wird, sondern groß bleibt. Diesen fundamentalen Unterschied zwischen den Science-Fiction-Welten von Star Wars und Star Trek möchte ich an einer Eröffnungssequenz verdeutlichen:

„[…] Wir schreiben das Jahr 2200. Dies sind die Abenteuer des Raumschiffs Enterprise, das mit seiner 200 Mann starken Besatzung fünf Jahre lang unterwegs ist, um neue Welten zu erforschen, neues Leben und neue Zivilisation. Viele Lichtjahre von der Erde entfernt, dringt die Enterprise dabei in Galaxien vor, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat.“

Der einleitende Text zum Star Trek Universum reizt und ist in dieser Auseinandersetzung doch seine größte Schwäche: es ist der Ausgangspunkt Erde. Einerseits schafft dieses Setting Nähe zum Zuschauer, auf der anderen Seite vereinfacht es die Rollenerfüllung als Science-Fiction-Werk. Die versuchte Bindung an die Realität ist auch ein Ausdruck fehlender Abstraktion. Star Trek mag in Ansätzen anspruchsvoller sein, doch dieser Anspruch geht auf Kosten der Fantastik.

Von 1977 bis heute und noch lange in der Zukunft wird die verspielte Neuauflage eines ewigen Heldenepos uns begeistern können. Im Opener der Star Wars-Filme werden wir mit konkreten Handlungsbeschreibungen in einen Plot geworfen („Es herrscht Bürgerkrieg“) und durch die Genre-verändernde Anfangsformel (das märchenhafte „Es war einmal“) wahrlich entführt.

Der Mensch wird immer Mythen und Märchen brauchen und er wird sich immer mit dem Verhältnis zwischen Zukunft und eigener Fantasie auseinandersetzen. In diesem Punkt ist Star Wars die Welt, in die der Mensch frei eintauchen kann – und in der er doch moralische Pfeiler vorgesetzt bekommt.

Star Wars vereint die beiden Anker der menschlichen Fantasie: Das Mythische und das Zukünftige. Gerade in einer Zeit, in der Veränderung der Standard ist – also in unserer Gegenwart der letzten Jahrzehnte – ist die weit entfernte Galaxie ein Zufluchtsort und das Epos in einer lang vergangenen Zeit ein befriedigendes Narrativ. In der Fülle klassischer und moderner Halb-Fiktionen, Serien und Dramen ist die größte Geschichte am wenigsten austauschbar: Der Krieg der Sterne.

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Von Phillip Käding