Im Kiesel im k42 fanden dieses Wochenende die Filmtage Friedrichshafen statt. Auf dem Kulturfestival wurden ausgewählte Dokumentar- und Kurzfilme junger Regisseure aus Deutschland, Österreich und der Schweiz präsentiert. Schon mit dem ersten Film “Lampedusa im Winter” wurde die Messlatte hoch gelegt.
Unter dem Motto “Jetzt oder nie“ fanden dieses Wochenende im Kiesel im k42 zum achten Mal in Folge die Filmtage Friedrichshafen statt. Das Festival soll den Werken junger Filmemacher aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, denen oftmals die Möglichkeiten zum Vertrieb und somit der Kontakt zur breiten Öffentlichkeit fehlen, Aufmerksamkeit verleihen. Aus einer mit ca. 270 eingereichten Filmen überaus großen Resonanz an Einsendungen wählte das Kulturbüro Friedrichshafen, das bei seiner Arbeit unter anderem auch durch die ZU-Studentin Laura Salas unterstützt wurde, eine Zusammenstellung von sechs Dokumentarfilmen und mehreren Kurzfilmen aus, die das Publikum Friedrichshafens kulturell und cineastisch begeistern sollte.
Den Startschuss gab am Freitagabend des 26. Februar der Bürgermeister Andreas Köster mit seiner Eröffnungsrede. In dieser stellte er auch den Bezug zur aktuellen Lage in Friedrichshafen her und rief das Publikum dazu auf, sich der Flüchtlingsproblematik „nicht nur als Bürger, sondern auch als Menschen“ zu widmen. Im Anschluss an eine weitere Ansprache der Organisatorin Claudia Engemann folgte der Dokumentarfilm “Lampedusa im Winter” des österreichischen Regisseurs Jakob Brossmann, welcher sich mit der, durch den hohen Flüchtlingsandrang hoffnungslos überforderten, Insel Lampedusa beschäftigt. Die süditalienische Insel, die mit ihrer Entfernung von nur 110 km zur tunesischen Küste den ersten Anlaufpunkt für die Flucht vieler nordafrikanischer Asylsuchenden darstellt, befindet sich in einem andauernden Konflikt zwischen den Alteingesessenen, mit der Lage überforderten Einwohnern und den neu angekommenen Flüchtlingen, die für ihre Würde und Rechte kämpfen müssen. „Lampedusa im Winter“ portraitiert diesen Konflikt auf eine nüchterne und packende Art und Weise, die dem Zuschauer das Aufeinanderprallen der verschiedenen Lebenskonzepte realitätsnah vor Augen führt.
In einem anschließenden offenen Gespräch mit dem Regisseur äußerte dieser, die Idee zu seinem Dokumentarfilm wäre ihm wegen eines Lecks in der medialen Berichterstattung über die Flüchtlingsproblematik Lampedusas gekommen. Jene hätte sich in seinen Augen lediglich auf das „Bild eines ankommenden, prall gefüllten Flüchtlingsbootes“ reduziert, ihm habe jedoch der „Blick dahinter“ gefehlt und die Frage, was denn eigentlich passiert, wenn all die Flüchtlinge auf der Insel angekommen sind. Für mich war es vor allem der Perspektivenwechsel, der diesen Film zu einem bereichernden Beitrag in der Flüchtlingsdebatte machte: Das Geschehen wird nicht nur aus der Sicht der italienischen Einwohner dokumentiert, sondern zeigt auch oft die emotionalen Kämpfe und Besorgnisse der angekommenen Asylsuchenden. Zudem schildert er auf eindringliche Art und Weise die Schieflage zwischen europäischer Flüchtlingspolitik und den tatsächlichen lokalen Möglichkeiten zur Problembewältigung auf der unglaublich armen Insel Lampedusa.
Sowohl vor als auch nach den gezeigten Filmen hatten die Zuschauer die Möglichkeit, ihre Gedanken und Eindrücke im Gespräch mit Filmemachern und Organisatoren zu reflektieren. Beinahe alle Regisseure waren beim Festival anwesend und standen für Fragen und Anregungen zur Verfügung. Im Anschluss an “Lampedusa im Winter“ wurde am Freitagabend der Dokumentarfilm “Berge im Kopf“ gezeigt, welcher vier Bergsteiger unterschiedlichen Alters auf ihren Touren begleitet. Der Samstag war komplett den ausgewählten Kurzfilmen für verschiedene Altersklassen gewidmet, darunter auch einige für Kinder. Nach einer Preisverleihung am Samstagabend widmete sich der Sonntag wieder dem Genre des Dokumentarfilms. Es wurden vier weitere ausgewählte Filme gezeigt, unter anderem über das Pilgern auf dem Jakobsweg (“Camino de Santiago“) und über Burn-Outs am Arbeitsplatz aufgrund von Leistungsdruck (“From Business to Being“) – so wurde den Zuschauern auf lebendige Art und Weise ein Einblick in verschiedene Konzepte und Risiken des Lebens gewährt.
In meinen Augen waren die Filmtage Friedrichshafen 2016 ein voller Erfolg. Die Möglichkeit zur kulturellen Weiterbildung und zum Kennenlernen regionaler Filmemacher in einer anregenden Atmosphäre, stellt für mich eine tolle Erweiterung des Kulturprogramms in Friedrichshafen dar. Vor allem die Anwesenheit der Regisseure und die Möglichkeit zu einem interaktiven und offenen Gespräch zeichnete das Festival aus und macht Lust und Neugier auf das nächste Mal. Für alle die, die Interesse an gesellschaftlichen Thematiken, kulturellem Engagement oder der Filmszene hegen, stellen Veranstaltungen wie die Filmtage eine große Bereicherung dar.