Schon seit ein paar Wochen gehen am Eingangstor des Fallenbrunnens erstaunliche Dinge vor sich: Kinder spielen vor der Uni, man hört Hämmern und lautes Gelächter, Baumaterial wird ein- und ausgetragen. Der Grund: Ein Nachbarschaftsprojekt, das von vier Studierenden ins Leben gerufen wurde, die sogenannte “learning community”.
Auslöser für die Idee der „Learning Community“ war der Einzug von mittlerweile circa 250 Geflüchteten in die ehemalige Container-Universität im Dezember. Nachdem sich Caroline Brendel und Luzi Gross aus künstlerischer Perspektive mit dem Thema Flucht beschäftigt hatten, entwickelten sie gemeinsam ein Konzept, um die Whitebox am Fallenbrunnen zu dieser Thematik zu gestalten. Mit der Learning Community wollen sie einen künstlerischen Begegnungsraum mit und für Bürger und Geflüchtete schaffen und ihn durch Kunst-Workshops und unterschiedliche Veranstaltungen mit Leben zu füllen. Aus diesem Gedanken heraus entstand ein Planungsteam, erweitert durch die Initiative welt_raum und das artsprogram unter der Leitung von Frau van den Berg und Frau Shepherd, die sich seitdem ehrenamtlich um die Learning Community kümmern.
Die letzten drei Tage vor der Eröffnung der Learning Community wurde gemeinsam mit Geflüchteten in den Räumlichkeiten gewerkelt, gefilzt und genäht. Dabei wurde die Initiative unter anderem von Anne-Laure Gestering von „raumlaborberlin“ fachkundig betreut. Raumlabor ist ein Netzwerk, das 1999 von acht Architekten gegründet wurde und an der Schnittstelle zwischen Architektur, Stadtplanung, Kunst und Intervention bewegt. Gestering war in Berlin bereits an ähnlichen Projekten beteiligt. So hat sie beispielsweite die Brache des Jerusalem-Kirchhofs in Neukölln für und mit Asylsuchenden zu einem „Garten“ der Begegnung und künstlerischer Freiheit entwickelt.
“Es war wirklich beeindruckend zu sehen, diese unglaubliche Produktivität, die bei dem Aufbau der Learning Community an den Tag gelegt wurde”, erzählt Patrick Lühlow, Mit- Hauptverantwortlicher von welt_raum vom ersten Tag des Bauens: “Wir waren eine Gruppe von ungefähr 20 Geflüchteten und 10 Studierenden. Wir hatten geplant, 25 Stühle pro Tag aufzubauen, und wir haben dann 80 an einem Tag aufgebaut. Das zeigt schon, was da für eine Energie war.”
Die Eröffnung im Rahmen des Friedrichshafener Kunst-Freitags am 12.02. war ein voller Erfolg. Seitdem finden in der White Box regelmäßige Treffen und Veranstaltungen statt. Mit jeder Woche entwickeln sich neue Ideen und Nachbarschaftskonzepte. Das Projekt soll vorerst vier Monate lang dauern, in dieser Zeit stehen alle Türen offen, sich in die Nutzungsplanung der Whitebox einzubringen oder auch nur vorbeizuschauen und sich auszutauschen. Momentan gibt es von dienstags bis donnerstags regelmäßige Angebote wie Teezirkel, gemeinsame Mittagessen, Vorträge und Diskussionen. Ab nächstem Monat finden sogenannte Do-it-yourself-Nachmittage statt, die auch verstärkt Frauen und Kinder ansprechen sollen.
Noch bis Ende Mai wir das Format in dieser Form fortgesetzt, dann müssen die Räumlichkeiten der WhiteBox wieder freigegeben werden. Ein ähnliches Projekt wird wahrscheinlich in dem Hangar an der Container-Uni stattfinden, da dieser ab Sommer der Initiative welt_raum zur Verfügung steht.