Vor 14 Jahren beschloss der Bundestag den Afghanistan-Einsatz Deutschlands. Vergangene Woche wurde der Einsatz gegen den sogenannten IS durchgewunken. Zeit, zurückzublicken auf die letzte große Militärbeteiligung Deutschlands: Afghanistan scheint nach dem Ende des Einsatzes wieder im Chaos zu versinken. Besserwissen fällt im Nachhinein immer leicht, gefragt haben wir die politischen Hochschulgruppen trotzdem nach ihrer Meinung:
Trümmerhaufen Afghanistan? – euer Fazit der deutschen Kriegsbeteiligung:
LHG:
Der Bundestag billigte 2003 zu Recht den von der UN mandatierten Einsatz deutscher Streitkräfte in Kabul und Umgebung zur Herstellung sicherer Verhältnisse und der Bekämpfung des Terrors, der von den Taliban sowohl im Nahen Osten, als auch im Westen ausging. Dies sollte vor allem durch humanitäre Hilfe, Wiederaufbau und die Ausbildung lokaler Kräfte geschehen. Leider zeigt sich heute dennoch ein ernüchterndes Bild: Durch systematische, strategische Fehler wurden maßgebliche Ziele verfehlt. Erhebliche Mängel bei wirtschaftlicher, rechtstaatlicher und demokratischer Entwicklung, die desaströse Sicherheitslage und das jüngste Wiedererstarken der Taliban sprechen dabei für sich.
Trotzdem wäre aber gerade angesichts der aktuellen Entwicklungen der geplante baldige Rückzug aus dem Gebiet verantwortungslos: Wir dürfen die Menschen dort jetzt nicht sich selbst überlassen! Daher sollte das Mandat verlängert, aber auch gleichzeitig unsere Strategie überdacht werden. Nur so kann in der Region langfristig Frieden erreicht und weiteres Chaos verhindert werden.
Jusos:
Das zu Beginn des deutschen Militäreinsatzes in Afghanistan maßgeblich angeführte Ziel der erfolgreichen militärischen Bekämpfung des Terrorismus wurde verfehlt – noch während des Einsatzes fanden politische Verhandlungen zwischen der islamistischen Taliban und den USA statt. Seit September diesen Jahres können die Taliban zudem wieder territoriale Zugewinne in Afghanistan verzeichnen. Dies zeigt weiterhin, dass die positive Intention der deutschen Bundesregierung, dauerhaft stabile staatliche Strukturen zu schaffen, gerade in Bezug auf das Gewaltmonopol des afghanischen Staates, nicht umgesetzt werden konnte. Es ist zudem fraglich, ob die Situation der Zivilbevölkerung – sowohl hinsichtlich des wirtschaftlichen Wohlstandes als auch bezüglich der humanitären Situation – nach dem Abzug der ISAF-Truppen dauerhaft besser sein wird, als unter dem Taliban-Regime bis 2001. Der Einsatz der deutschen Bundeswehr in Afghanistan ist aus diesen Gründen unserer Meinung nach kapital gescheitert.
RCDS:
“Nichts ist gut in Afghanistan”. Dieser Satz der ehemaligen EKD-Ratsvorsitzenden Margot Käsmann erhitzte vor einigen Jahren die Gemüter. Auch wenn dieser Satz heute wahrscheinlich noch von einem Großteil der deutschen Bevölkerung angesichts 54 gefallener Deutscher und der Beinahe-Eroberung von Kundus durch die Taliban geteilt wird, ist er dennoch falsch. Der Bundeswehr-Einsatz hat in seinen elf Jahren Dauer hunderttausenden Jungen und Mädchen in Nordafghanistan Zugang zu Schulbildung ermöglicht. Ein Terrorregime wurde beendet, das dem Horror des IS in nichts nachstand. Über 5400 ehemalige Taliban konnten allein im deutschen Einsatzgebiet in die afghanische Gesellschaft reintegriert werden. Dass Kundus schlussendlich von der ANA relativ selbstständig zurückerobert werden konnte, zeigt, dass die Ausbildung zehntausender afghanischer Sicherheitskräfte nicht erfolglos war. Sicher ist Afghanistan kein Paradebeispiel für schnelles „nation-building“, aber deshalb sollte man dennoch eine differenzierte Bilanz unseres Einsatzes ziehen und die Erfolge nicht verneinen.
Wir befragen die politischen Hochschulgruppen zu ihrer Haltung gegenüber bestimmten Themen
... Das sind der Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS), die Jungsozialist_innen (JUSOS) und die Liberale Hochschulgruppe (LHG). Ihr zur Verfügung stehender Rahmen umfasst dabei 1000 Zeichen ohne Leerzeichen. Sie sind alleine für die Inhalte ihrer Artikel verantwortlich.