By Phillip

Erst war es Kunst, dann war es weg.

Alles beginnt mit einer Irritation am Morgen: Eingesammelte Kaffeebecher des Dienstags machen auf den Verbrauch bei uns an der Universität aufmerksam. Tassen und Keepcups sind noch nicht zur Normalität geworden. Auf Facebook wird innerhalb von Minuten über die Sinn- und Kunsthaftigkeit der Aktion diskutiert. Ziel erreicht.
Muss alles einen Sinn ergeben, was geplant wird? Und muss alles geplant werden, was durchgeführt wird? Die Grünflächen vor dem Campus werden am Vormittag zur Kuhweide. Weil die Tiere so viel Aufmerksamkeit erfahren, stehen sie schnell unter Stress und verlassen das Gelände zum Glück bald wieder. (Erkennt man die Parallelen?)
Warum der ganze Trubel am Fallenbrunnen? Prof. Maren Lehmann, Co-Initiatorin, sagt Futur drei: "Der Grund ist ja eigentlich einfach zu nennen: Wir leben dort, wir arbeiten und studieren dort, wir haben dort Nachbarn, die wir kennenlernen wollen, und wir teilen mit der Gegenwart auch eine Vergangenheit, die wir gerne verstehen wollen."
Unter anderem steht der Kontrast zwischen Natur und Industrie im Zentrum der Installationen und Performances, die den Fallenbrunnen schmücken. An der Universität selber finden sich die meisten Schilder, Aktionen und Eastereggs - ZU-typische Doppeldeutigkeit inbegriffen.
Prof. Lehmann sagt: "Wir stellen fest, dass – wenn Projekte und Traditionen aufeinandertreffen – sehr schnell Kontroversen und Konflikte entstehen. Dasselbe tritt im Zusammenhang der Universität selbst auf, wo Ordnungsinteresse und Turbulenz aufeinanderprallen. Wir fanden, daß diese Lage eine Auflockerung gebrauchen könnte, und haben uns gefragt, wie diese Auflockerung gelingen könnte, ohne in die Konflikte zurückzuführen."
Konkret heißt das: Parodieren und persiflieren. Wie am herausgeputzen Mensa-Tisch, der für hohen Besuch geschmückt und 'streng reserviert' ist. In Anbetracht der Workshops, Weiterbildungen, externen Besuche etc.pp. braucht es an dieser Stelle keine weitere Erläuterung.
"Es ging ganz schlicht um praktische Reflexion alltäglicher Situationen", sagt Frau Lehmann. Dazu gehört natürlich auch die Vorlesung vor einem Dutzend anwesenden Laptops. Aussagekräftige Powerpoint und Glaskasten-Optik inklusive.
Passkontrolle am Eingang zum Campus: Die größte Verwunderung kam für viele gleich bei der Ankunft in der Universität. Kein Einlass ohne Ausweis. Danach gab es auf die Hand einen Stempel mit einem der vier heiligen Siegel: Neu, gierig, toll oder kühn. Gleichverteilt war die Kategorisierung der Studierenden nicht.
Eine Verflechtung und Verbindung der Welten, die am Fallenbrunnen aufeinandertreffen: "Daran arbeitet der Kreis von Menschen, die die Kaserne in Kunst und Kultur zu übersetzen versuchen, auch schon seit vielen Jahren", sagt Frau Lehmann. "Die Universität kommt nun dazu und will Nachbar sein, nicht Verdränger. Wir – das sind diesmal vor allem das Artsprogram, die Blaue Blume, das CCM-Department, die Drama-Society, die Luftschiffkapelle, das WeltRaum-Projekt – müssen uns also fragen, wie sich Kulturprojekte und Universitätsalltag verbinden lassen."
Das Ganze schließt also explizit das gesamte Fallenbrunnen-Areal ein: Am Mittwochnachmittag konnte man den Feldweg hinter dem Wohnheim bis zu einer bizarren Baracken-Baustelle herunterlaufen, wo eine Lesung der besonderen Art stattfand. Während im Hintergrund gearbeitet wurde, gabes im Vordergrund einen Bestseller pro Minute (inklusive iPhone-Wecker).
Das Motiv der 'Kaserne' ist ein verbindendes Element der verschiedenen Projekte. Die DramaSociety greift die Räumlichkeiten im Atrium und Heizhaus auf, während die Luftschiffkapelle die beklemmende Atmosphäre der Wohnheimflure auf die Spitze treibt.
Zwischen Waschmaschinen und Leitungen singen und musizieren: So entsteht im Gebäude ein einmaliger Soundeffekt. Viele der kreativen Ideen bleiben allerdings für einen Großteil der Studierenden und Häfler unentdeckt - weil auf eine PR- und Marketingoffensive verzichtet wird. Die Initiatoren fragen also auch: Muss alles beworben werden, was man tut?
Musikalische Abrundung auch zurück am Campus. Was der rätselhaftige Virtuose mit dem Horn uns mitteilen wollte, bleibt wohl ein Geheimnis. "Was bleibt, sind Fragen", da ist sich Prof. Lehmann sicher. Und es sind Fragen, die wir verinnerlichen sollten: "Lernen wir vielleicht zu viel und verlernen zu wenig; schließen wir zu viel ab (auch im wörtlichen Sinne) und fangen zu wenig an, lassen wir uns auf zu viel Konflikt ein und auf zu wenig Kritik?"
Man muss nicht jeder Kritik zustimmen. Aber man sollte den Ball aufnehmen, den die verschiedenen Akteure am Mittwoch in die Runde geworfen haben. "Dann kann der erwartete Gast auch einmal fehlen oder seinen Besuch verschieben (wie diesmal – auf den 19. April); das Miteinander findet ungebrochen statt", sagt Frau Lehmann.

Im Rahmen des Formats “A Day With…” wurde die Zeppelin Universität am Mittwoch ohne große Ankündigung zur Plattform unzähliger Performances und Kunstaktionen. Dabei war der Tag mit… dem Intendanten der Münchner Kammerspiele aufgrund von Krankheit nicht einmal zustande gekommen.

Nichtsdestotrotz nahm eine Gruppe von Studierenden und Lehrenden die Gelegenheit wahr, um verschiedene Aspekte unseres Alltags zu parodieren und den Finger mal mehr und mal weniger deutlich in die Wunde zu legen.

Mehr zu den Hintergründen in der Fotostrecke.

Einladung

Am Mittwoch, den 19. April 2017 ab 19:15 Uhr wird in der Blackbox der ZU mit Matthias Lilienthal diskutiert. Und miteinander.

Bio
Latest Posts

Phillip

1 Comment

Pingback: VORÜBERFORMIERUNGEN am Fallenbrunnen – ein Rückblick | futurdrei

Comments are closed.